Mobiles 5G-Netz für die digitale Landwirtschaft
Die Digitalisierung hat die Landwirtschaft erreicht, doch es fehlt oft flächendeckende Vernetzung. Das Projekt »Landnetz« erprobte mit privaten 5G-Netzen neue Digitalisierungsmöglichkeiten.
5G in der Landwirtschaft
5G ist die erste Mobilfunkgeneration, die speziell für die Kommunikation zwischen Maschinen entwickelt wurde. Während 1G bis 4G primär für die Kommunikation zwischen menschlichen Individuen ausgelegt sind, bietet 5G Möglichkeiten für die Automatisierung landwirtschaftlicher Prozesse. Besonders die Echtzeitfähigkeit hebt 5G von vorherigen Standards ab: Erstmals ist es möglich, Priorisierungen innerhalb des Netzwerks vorzunehmen und private Netze unabhängig von Mobilfunkprovidern auf der 3,8-GHz-Frequenz zu betreiben.
Das »Landnetz«-Projekt machte sich genau diesen Vorteil zunutze, indem es ein mobiles 5G-Netz aufbaute. Im Vergleich zu WLAN bietet 5G als organisiertes Netzwerk eine höhere Effizienz und bessere Eigenschaften für die Landwirtschaft. Dies ermöglicht Landwirt*innen, ihre Maschinen untereinander zu vernetzen und das Potenzial der Geräte besser zu nutzen.
Im Rahmen von »Landnetz«, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), wurden für 14 Bundesländer eigne Experimentierfelder geschaffen. Dadurch konnten die Forschungsansätze einerseits breiter gefächert werden, andererseits etliche Facetten der Digitalisierung untersucht werden. Anders als bei klassischen Förderprojekten ging es nicht primär darum, völlig neue Innovationen zu entwickeln. Vielmehr sollte der konkrete Nutzen bestehender Technologien in der Praxis nachgewiesen werden. Die verschiedenen Experimentierfelder verfolgten daher unterschiedliche Ansätze, um Precision Farming-Anwendungen zu testen und miteinander zu vernetzen. Partner des Projekts »Landnetz« sind das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI, das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und die Technische Universität Dresden.
Besonders hervorzuheben ist, dass »Landnetz« als einziges Experimentierfeld gezielt den Bereich Mobilkommunikation beforschte. Während andere Projekte mit bereits bestehenden Netzwerkinfrastrukturen arbeiteten, wurde hier bewusst der Aufbau von Campus-Netzen in Angriff genommen. Dies sollte Erkenntnisse darüber liefern, welche Anforderungen an solche Netze gestellt werden müssen, welche Möglichkeiten sie bieten und welche Geschäftsmodelle daraus entstehen könnten.
Mobile Netzwerke für flexible Anwendungen
Im »Landnetz«-Projekt wurden – anders als bei konventionellen Netzwerklösungen – Pkw-Anhänger genutzt, um den gesamten Betrieb mit einem funktionierenden Netzwerk zu versorgen. Die Anhänger waren mit verschiedenster Kommunikationstechnologie ausgestattet – neben 5G auch WLAN und Richtfunkverbindungen. Über eine Richtfunkanbindung konnten die Anhänger mit dem Internet verbunden werden, sodass auch abgelegene landwirtschaftliche Flächen eine stabile Netzwerkanbindung erhielten.
Mobile Netzwerkarchitekturen bringen einige Vorteile mit sich. Einerseits werden umfängliche Genehmigungsprozesse minimiert, andererseits garantieren sie eine flexible Nutzung. Denn Mobile Netzwerke lassen sich ad hoc dort aufbauen, wo sie benötigt werden – ein entscheidender Vorteil für die Landwirtschaft, in der Maschinen nur zu bestimmten Zeiten auf dem Feld im Einsatz sind. Ein mobiles Netzwerk muss daher nicht dauerhaft bestehen, sondern kann bedarfsgerecht für einige Tage, Wochen oder Monate aufgebaut werden. Landwirtschaftliche Betriebe bestehen zudem oft aus verstreuten Flächen, die mit mobilen Netzwerken effektiver untereinander verbunden werden können.
Weiterhin wurde die sogenannte Device-to-Device-Kommunikation untersucht. Hierbei können Maschinen direkt untereinander kommunizieren, ohne auf eine zentrale Infrastruktur angewiesen zu sein. Die Daten werden dabei von einem Gerät zum nächsten weitergeleitet, bis sie ihr Ziel erreichen. Diese Technik könnte langfristig die Infrastrukturkosten erheblich senken. Allerdings erfordert der Betrieb eines solchen Netzwerks spezielle Fachkenntnisse: Im Gegensatz zu einem einfachen Heim-WLAN ist ein 5G-Netz ein hochgradig organisiertes System, das von einem Operator verwaltet werden muss. Das bedeutet, dass ein Dienstleister für den Betrieb und die Wartung notwendig ist, wodurch zusätzliche Kosten entstehen.
Ein weiterer Vorteil privater 5G-Netzwerke ist die erhöhte Sicherheit. Aufgrund der geringen Reichweite kann das Netzwerk nicht ohne Weiteres extern abgehört werden. Während herkömmliche Internetverbindungen potenziell aus der Ferne angegriffen werden können, müsste ein Angriff bei einem privaten 5G-Netz physisch vor Ort geschehen. Das macht das Abhören nicht nur aufwändig, sondern auch leicht erkennbar.
Herausforderungen und Erkenntnisse
Zwei zentrale Herausforderungen der Digitalisierung in der Landwirtschaft sind die Interoperabilität und das fehlende Fachwissen in kleineren Betrieben. Während große Betriebe auf Spezialisten zurückgreifen können, fehlt es kleinen, oft familiengeführten Höfen an Ressourcen, um die zunehmende technologische Komplexität zu bewältigen. Wer keine eigenen IT-Kompetenzen hat, muss diese extern einkaufen.
Hinzu kommt, dass die bloße Bereitstellung von Netzwerktechnik nicht ausreicht. Es bedarf einer umfassenden Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen IT-Infrastruktur. Während der EU Data Act als rechtlicher Rahmen die Datennutzung in der Landwirtschaft neu ordnen soll, verfolgen Projekte wie AGRI-GAIA, Gaia-X oder der Agricultural Data Space das Ziel, konkrete Plattformen und Datenräume für den Agrarsektor zu schaffen. All diese Vorhaben sind wichtige Zukunftsprojekte, bleiben für viele Landwirt*innen jedoch noch weit entfernt von einer direkten Umsetzung. Entscheidend ist vielmehr, nicht nur in langfristigen Visionen zu denken, sondern praxisnahe und kurzfristig umsetzbare Lösungen zu schaffen.
Zukunftsfähig?
Das Projekt »Landnetz« hat gezeigt, dass private 5G-Netze eine Schlüsselrolle in der digitalen Transformation der Landwirtschaft spielen können. Mobile Netzwerke ermöglichen eine flexible und bedarfsgerechte Nutzung, während 5G-Technologie eine zuverlässige und effiziente Vernetzung von Maschinen erlaubt. Dennoch bleibt die Herausforderung, die Kosten für den Aufbau und Betrieb drastisch zu senken, um eine breite Anwendbarkeit sicherzustellen. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern somit eine wertvolle Grundlage für zukünftige Entwicklungen und tragen dazu bei, innovative Technologien in der Praxis nutzbar zu machen. Der nächste Schritt muss dabei sein, diese Ansätze weiterzuentwickeln und auf breiter Basis in landwirtschaftlichen Betrieben zu implementieren.
(lna)
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Experte
Prof. Thomas Herlitzius
Technische Universität Dresden