Wälder schützen mit KI

Unsere Wälder geraten durch Hitzeperioden, Trockenheit und extreme Stürme – Phänomene, die sich durch den Klimawandel häufen werden – unter erheblichem Stress. Auch menschliche Eingriffe, wie illegale Rodungen, stellen eine zusätzliche Belastung dar. Doch wie lässt sich das Ökosystem »Wald« langfristig bewahren? Hier setzt Künstliche Intelligenz (KI) mit innovativen Lösungen an.

Mit einer Fläche von rund 10,7 Millionen Hektar bedeckt der Wald etwa ein Drittel Deutschlands. Dieses Ökosystem übernimmt essenzielle Funktionen: Es fungiert als natürliche Klimaanlage, filtert Schadstoffe aus der Luft, speichert Kohlendioxid und reguliert den Wasserhaushalt. Durch steigende Temperaturen, langanhaltende Dürreperioden und zunehmende Wetterextreme geraten Wälder jedoch immer stärker unter Druck. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verwüsteten allein im Jahr 2023 über 1.000 Waldbrände eine Fläche von mehr als 1.200 Hektar – das entspricht rund 1.771 Fußballfeldern. Ein geschwächter Wald wird zudem anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer, der insbesondere Nadelbäume befällt. Die Schäden sind beträchtlich: Im Jahr 2022 gingen allein 26,6 Millionen Kubikmeter Schadholz auf Insektenbefall zurück.

Nicht nur ökologische, auch sicherheitsrelevante Aspekte erfordern dringende Maßnahmen. Wassermangel ist besonders tückisch für die Gesundheit der Wälder, wie Lutz Wittich, Leiter des Referats Forstbetrieb bei den Berliner Forsten berichtet. »Trockenheit bleibt lange unbemerkt, erst Monate später, wenn einst grüne Triebe allmählich braun werden, zeigt sich das Ausmaß der Schädigung«, erklärt Wittich. Für Rettungsmaßnahmen sei es dann oftmals zu spät, Teile oder gar der gesamte Baum sterben ab und beeinträchtigen somit die (Verkehrs-) Wege im Wald, und das in großem Ausmaß. »Unsere gesamte betriebliche Energie konzentriert sich momentan auf die Verkehrssicherheit«, berichtet Lutz Wittich.

KI-Plattform für klimaangepassten Waldumbau

Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, ist eine nachhaltige Anpassung der Wälder erforderlich. Künstliche Intelligenz kann hierbei wertvolle Unterstützung leisten. »KI ist imstande, große Datenmengen effizient zu analysieren und daraus nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen«, erläutert Dr. Eva Klien, Geoinformatikerin und Abteilungsleiterin für Geoinformationsmanagement am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD. Ihre Abteilung arbeitet gemeinsam mit dem Team von Dr. Eva Eggeling am Fraunhofer Austria am Aufbau einer »KI-Plattform für klimaangepassten Waldumbau«. Mit dem Ziel, eine digitale Plattform zu entwickeln, die Waldbesitzer*innen datenbasierte Entscheidungsgrundlagen für eine klimaresistente Forstwirtschaft bietet. Dies ist besonders für Privatwaldbesitzer*innen relevant, die eine zentrale Rolle spielen: Rund 4,4 Millionen Hektar Wald befinden sich im Besitz von etwa 760.000 privaten Eigentümer*innen. Im Vergleich dazu verwalten die Bundesländer 3,3 Millionen Hektar, Körperschaften 2,2 Millionen Hektar, während der Bund lediglich 3 Prozent der gesamten Waldfläche hält.

Die kontinuierliche Überwachung des Waldes, unter Einbeziehung von Bodenanalysen, Klimadaten und Reliefinformationen, ist essenziell, um gezielte Maßnahmen für den Waldumbau zu entwickeln. Besonders im Hinblick auf die Besitzverhältnisse der Wälder in Deutschland wird deutlich, dass es neue Wege braucht, um Wälder langfristig zu erhalten. Wie lässt sich der Zustand eines Waldes präzise erfassen? Die Antwort liegt in der Kombination verschiedener Technologien: Satelliten- und Drohnenaufnahmen liefern wertvolle Überblicksdaten, während Bodenanalysen essenzielle Informationen zu Wasserspeicherkapazität, Nährstoffverfügbarkeit und Feuchtigkeitsgehalt bereitstellen. Während Satellitendaten, wie sie beispielsweise das Copernicus-Programm zur Verfügung stellt, eine Auflösung von zehn Metern bieten, ermöglichen hochauflösende LiDAR-Scans und Drohnenbilder eine präzise Einzelbaum-Analyse. Doch diese Verfahren sind kostspielig und bislang noch nicht flächendeckend verfügbar.

Die in dem Projekt entwickelte KI-Plattform sieht vor, Geodaten, Fernerkundungsdaten und Bodeninformationen zu integrieren, um ein vollständiges Bild des Waldzustands abzubilden. Dadurch erhalten Waldbesitzer*innen fundierte Entscheidungshilfen für die Waldpflege – von der Auswahl resistenter Baumarten bis hin zur gezielten Aufforstungs- und Abholzungsplanung. »Unser Ziel ist es, nicht nur wissenschaftlich fundierte Echtzeit-Daten bereitzustellen, sondern auch praxisnahe Werkzeuge für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu entwickeln«, so Klien. Allerdings ist das Projekt derzeit aufgrund ausgelaufener Fördermittel ausgesetzt. Das Team arbeitet intensiv daran, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, um die Entwicklung dieser zukunftsweisenden Plattform fortzusetzen.

KI gegen illegalen Holzhandel

Neben dem Monitoring von Umwelteinflüssen auf Wälder kommt KI auch im Kampf gegen von Menschenhand verursachte Schäden zum Einsatz. Im Rahmen des Projekts »KI_Wood-ID« entwickeln Forscher*innen des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kooperation mit dem Thünen-Institut für Holzforschung eine hochentwickelte KI-Analysesoftware, die den Prüfprozess zur Verifizierung der legalen Herkunft von Holzprodukten signifikant optimiert.

Derzeit erfolgt dieser Prozess noch manuell durch Expert*innen: Die aus Industrie und Behörden zugesendeten Warenmuster werden für die Analyse vorbereitet und mithilfe von Mikroskopen klassifiziert, ein aufwändiger Prozess, der aufgrund begrenzter Kapazitäten nur einen Teil der gesamten Prüfaufträge abdecken kann. Einige falsche Deklarierungen gehen auf diese Weise nicht ins Netz, die Hersteller*innen können nicht zur Verantwortung gezogen werden. Dank des automatisierten Bilderkennungssystems des Projekts »KI_Wood-ID« werden Mitarbeiter*innen bei der Analyse entlastet, der Prozess wird effizienter und kostengünstiger gestaltet. Statt von menschlichem Auge wird die Holzart auf Basis der Struktur, Form und Größe der Gefäßzellen mittels KI bestimmt, die auffällige Proben – die im Widerspruch mit der Deklaration stehen – aufspürt und somit dazu beiträgt, den legalen Holzhandel zu stärken. Und schlussendlich eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder unterstützt.

(vm)


Portraitfoto von Eva Klien
© Fraunhofer IGD

Eva Klien

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